Tübingen setzt sich in vorbildlicher und unterstützenswerter Weise für den Klimaschutz ein. Der Artenschutz kommt daneben allerdings klar zu kurz.
Noch ist Tübingen eine attraktive Stadt, in der immer mehr Leute leben möchten. All diese Menschen brauchen Wohnraum.
Doch darf die Nachverdichtung nicht übertrieben werden. Ein „Masterplan Grün“, der Erkenntnisse aus Kaltluftgutachten, der derzeit laufenden Arteninventur und anderen Gutachten zusammenführt, soll zukünftig einen Rahmen bieten, wie die weitere innerstädtische Entwicklung biodiversitäts- und stadtklimafreundlich möglich ist.
Grünflächen kommt dabei eine entscheidende Rolle zu. Pflanzen filtern Schadstoffe aus der Luft, erhöhen die Luftfeuchtigkeit und vermindern die sommerliche Aufheizung. Selbst kleine Grünflächen dienen Entspannung und Sport und ermöglichen Kindern Naturerlebnisse.
Kurzum: Sie tragen entscheidend zu einem guten Lebensgefühl bei.
Und: Sie dienen der Biodiversität. Städte mit ausreichenden Grünflächen beherbergen oft eine deutlich größere Artenvielfalt als umliegendes Agrarland. Gärten, Brachen, Bäche, Stadtwald, Parks, Straßenbegleitgrün, Grünabstandsflächen, … Überall finden sich Kleinlebensräume in großer Strukturvielfalt.
Im öffentlichen Raum können Stadt und Land durch angepasste Pflege, den Einsatz von heimischen Wildpflanzen und Pestizidverzicht mit wenig Aufwand Flächen von hohem ökologischem Wert schaffen.
Auch die Bürger sollen mit ins Boot geholt werden. Zu ihrer Unterstützung beantragt die CDU in den kommenden interfraktionellen Haushaltsgesprächen die Wiederaufnahme eines Zuschusses für biodiversitätsfördernde Maßnahmen.
Denn ein Umdenken ist nötig. Die traditionell artenreichen Wiesen der typisch schwäbischen Streuobstwiesen um Tübingen zeigen sich heute oft als monotone Rasenflächen. Vieles lässt sich wiederherstellen, wenn man auf Dünger verzichtet, nur zwei Mal im Jahr mäht und das Heu abtransportiert.
Ein weiterer Schatz Tübingens, die Halbhöhenlagen, ist in den letzten Jahrzehnten dagegen völlig zugewachsen. Besitzer können Wiesenblumen und Schmetterlingen, Eidechsen, Vögeln und Fledermäusen einen Lebensraum bieten, indem sie Flächen roden und als (Obst-)Wiese mit Trockenmauern pflegen. Das macht Arbeit, doch es lohnt.
Übrigens: Für die Instandsetzung von Trockenmauern gibt die Stadt einen ordentlichen Zuschuss. Auch im Garten kann man einiges tun. Naturnahe Gärten mit heimischen Sträuchern, Laubhaufen und Totholz statt Thuja und Kiesbeeten bieten Lebens- und Erlebnisraum, der sich mit Nisthilfen für Vögel und Fledermäuse an Bäumen und Gebäuden und offenen Bodenstellen als Brutplatz für Insekten weiter aufwerten lässt.
Denn „was ist Sünde? Zu wissen und nichts zu tun.“ (Gudrun Zydek)