Über das Ankommen und das Bleiben

Author: 
Ulrike Ernemann
Februar 28, 2024


Erschienen im: Schwäbischen Tagblatt

Am vergangenen Wochenende wurde in der Kirchengemeinde St. Michael in Tübingen die Ausstellung „Hier & Jetzt“ eröffnet. Dabei veranschaulichen eindrucksvolle Fotografien die Erfahrungen geflüchteter Jesidinnen und Jesiden, die in Tübingen eine neue Heimat gefunden haben und die dabei durch das Projekt Passerelle begleitet wurden.

Dieses ehrenamtliche Engagement zeichnet die Tübinger Stadtgesellschaft aus und trägt maßgeblich bei zu einem gesellschaftlichen Klima der Offenheit gegenüber Menschen, die berechtigterweise Teil unserer Gesellschaft werden wollen. Dies gilt in gleichem Maße für geflüchtete Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten wie für ausländische Mitarbeitende, die sich in unseren Betrieben, Wissenschaftseinrichtungen und Kliniken in das Berufsleben einbringen und die wir als Fachkräfte in unserem Arbeitsmarkt dringend benötigen. Diese Wertschätzung für kulturelle Vielfalt und Internationalität wurde aktuell bei den Demonstrationen gegen rechtsextremes und völkisches Denken anschaulich.

Ist Tübingen damit eine Insel der Glückseligen, die alles richtig macht? Die Antwort auf diese Frage entwickelt sich zwischen „Ankommen“ und „Bleiben“ und hängt davon ab, wie es uns in den verschiedenen gesellschaftlichen und beruflichen Gruppen gelingt, Integration nicht nur in das Arbeitsleben, sondern auch in das alltägliche Leben einer Gemeinschaft zu ermöglichen. Unsere kommunalpolitische Aufgabe als Gemeinderat ist es, Vereine und Gruppen, die als Sportvereine oder Kultureinrichtungen für Vielfalt und Integration einstehen, nach Kräften zu unterstützen. Es ist richtig, dass wir auch im aktuellen Haushalt bei aller Notwendigkeit zu Sparsamkeit hier die erforderlichen Mittel bereitgestellt haben. Zu einem umfassenden Bild gehören dabei auch die Stimmen derjenigen aus den Kommunen, die auf Überforderungssituationen dort hinweisen, wo Kommunen mit ihrer Aufnahmefähigkeit an Grenzen stoßen. Nur wenn auf politischer Ebene diese Grenzen benannt und respektiert werden, wird es gelingen, die Aufnahmebereitschaft in der Breite der Gesellschaft zu erhalten. Als demokratische Parteien sollten wir die anstehenden Europa-Wahlen dazu nutzen, auch dieses mit vielen Emotionen verbundene Thema in einem verantwortungsvollen, politischen Diskurs zu behandeln.

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